Vortrag und Buchvorstellung mit Christoph Hesse (Berlin)
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1980 erschien in Paris die »Verteidigungsschrift« Mémoire en défense, in der Robert Faurisson, ein bis dahin recht unbekannter Literaturwissenschaftler, die systematische Vernichtung der Juden im Zweiten Weltkrieg bestritt. Bedeutsamer als seine wissenschaftlich verbrämte Leugnung des Holocaust war allerdings die Tatsache, dass das Buch in einem linksradikalen Verlag herauskam und den Beifall von Leuten fand, denen man es am wenigsten zugetraut hätte. »Die Faurisson-Affäre treibt merkwürdige Blüten«, stellte Alain Finkielkraut in seinem 1982 publizierten Essay L’avenir d’une négation fest, der nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt. Die orthodoxe Linke nahm Faurissons Revision der Geschichte dankbar auf, da Auschwitz ohnehin nicht in ihr Konzept von Klassenkampf und Fortschritt passte, doch auch die antitotalitäre Linke begrüßte den kühnen Vorstoß, der es ihr erleichterte, Hitler und Stalin ein für alle Mal gleichzusetzen.
Die »Zukunft einer Negation«, so der Originaltitel, entspricht unserer Gegenwart. Bald vierzig Jahre nach dem bundesdeutschen Historikerstreit, in dem die Präzedenzlosigkeit der Shoah von rechts, nämlich unter Verweis auf die Verbrechen des Stalinismus in Abrede gestellt wurde, sucht man sie nun von links zu relativieren, indem man sie in die Geschichte der Verbrechen des europäischen Kolonialismus einreiht und vor allem: Israel selbst eines Genozids bezichtigt. Während der Holocaust als eine Art Pathosformel herumgereicht wird, die zu immer hemmungsloseren Vergleichen einlädt, wird die von Hamas, Iran u.a. proklamierte Vernichtung des jüdischen Staates bagatellisiert oder ignoriert, sofern nicht ausdrücklich gewünscht (»From the river to the sea …«). Erst wenn Israel verschwände, wäre die Geschichte die unerträgliche Bürde des Holocaust endlich los. Das bedeutet Aufarbeitung der Vergangenheit heute.
Christoph Hesse, Film- und Literaturwissenschaftler, arbeitet am Leibniz-Zentrum für Literatur- und Kulturforschung in Berlin. Unter dem Titel Revisionismus von links. Überlegungen zur Frage des Genozids (Freiburg/Wien 2025) erschien seine Übersetzung von Alain Finkielkrauts L’avenir d’une négation. Réflexion sur la question du génocide (Paris 1982).
Weitere Veranstaltung:
Do., 16.10., 19 Uhr, Goethe-Universität Frankfurt
Das Verschwinden des Holocaust. Zum Wandel der Erinnerung
Vortrag und Buchvorstellung mit Jan Gerber
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Die Reihe Buch & Kritik wird unterstützt vom Studentischen Projektrat der Goethe-Universität, der Amadeu Antonio Stiftung, der DIG Frankfurt, dem VJSH und der Initiative 07. Oktober der UAS Frankfurt.
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