Am Anfang war der Beton. Und der Beton war grau. Nicht nur, aber eben auch im Fritz-Heckert-Gebiet in Karl-Marx-Stadt, das wieder Chemnitz hieß. So besungen von Trettmann, den es unter anderem deswegen fortzog, „auf und davon, nicht noch eine Saison“.
Viele Saisons später, als es galt, im Kulturhauptstadtjahr unter Verweis auf das ehemalige Fritz-Heckert-Gebiet auch einen popkulturellen Beitrag zu lancieren, innerhalb des Projekts „Fritz 51“ unterm Dach des Instituts für Ostmoderne e.V., war Trettmanns cool-melancholischer Beton-Hit Ausgangspunkt einer breiteren Vision von „Beton-Pop“. Als eine Sammlung an Songs oder Stücken mit Beton-Bezug, neu interpretiert in Cover-Versionen, Remixen, Dubs oder Edits, quer durch die Stile und Genres: Punk, Post-Punk, Dub, Indie-Rock, EBM-Elektroclash, House, Drum´n´Bass, Noise´n´Poetry …- geeint durch das besungene oder anders thematisierte Material. Das oft als Sinnbild kalter Sozialrahmung dient, aber auch anders adressiert werden kann. Zumindest vermutlich ironisch. Eine Zusammenstellung mit Acts aus Chemnitz, Leipzig, Berlin, Frankfurt/Main, Hamburg, Stuttgart, Wittichenau, Katowice (PL), Tokio (JP), Washington DC (USA), den finnischen Wäldern oder dem brasilianischen Volta Redonda. Veröffentlicht als Doppel-LP bei Major Label und kuratiert vom Leipziger Subkulturnetzwerker Alexander Pehlemann (Zonic – Kulturelle Randstandsblicke & Involvierungsmomente/ Edition Iron Curtain Radio).
Zur Record Release-Party, die zugleich die Vernissage der „Fritz 51“-Ausstellung „Sicht-Beton“ feiert, treten drei hervorragende Acts auf, die auf ihre je unterschiedliche Weise „Beton-Pop“-Werke beigesteuert haben.
Das Kinn aus Frankfurt/Main, dessen Anfang des Jahres auf dem Hamburger Vertrauenslabel Bureau B erschienenes Album „Ruinenkampf“ mit dystopischem Elektro-Post-Punk für Furore sorgte, ist in einem knackig knallenden Remix von L.F.T. präsent, der sich den Das Kinn-Track „Sichtbeton“ vornahm. Ausgewählt, bevor dies abgewandelt Titel der Ausstellung wurde, aber nun umso passender und daher auch als Beton-Schallplatte in jener zu besichtigen.
Felix Kubin, Hamburger Meister spät-dadaistischer Post-Punk-Elektronik mit Original-Verwurzelung in der Ur-NDW und grandioser Entertainer (sowie Hörspielmacher, Labelbetreiber und zu akademisch ernster Klangerzeugung fähig), wirft hingegen die lyrische Beton-Wut a la Rolf-Dieter Brinkmann ein und wird live gewohnt krach-charmant in den Bann ziehen. Was auch bedeutet: tendenziell auf den Dancefloor.
Pisse zuletzt, die den Abend schließlich dynamisch aufmischende (Post-)Punk-Formation aus der Lausitz, sind in Ableitungen dabei. Einerseits wertet eine Pisse-Hälfte als JPGR&R den Cottbus-Wave-Klassiker „P 2“ von WK13 aus, erstveröffentlicht 1988 auf der AMIGA-Kleeblatt-LP „die anderen bands“ und gewidmet einem omnipräsenten Plattenbau-Typ der DDR. Andererseits intonieren Großteile von Pisse als Musik Express den Ausgangshit „Grauer Beton“. Womit sich der Beton-Kreis schließt.
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